Donnerstag, April 19, 2007

Imre Kertész - Roman eines Schicksallosen


Es ist wirklich mal wieder an der Zeit, eine Buchempfehlung auszusprechen. Und dieses Buch hat mich wirklich beeindruckt und bewegt.

Es ist ein Holocaust-Buch, dass gerade durch seine Emotionslosigkeit bewegt, was umso ungewöhnlicher erscheint, da es aus der Sicht eines betroffenen Jugendlichen erzählt ist.

Zu Beginn des Buches bereitet sich Györgys Vater auf seine Deportation ins Arbeitslager vor. György erzählt das Ganze ohne jede Gemütsregung, es scheint für ihn das Natürlichste und Verständlichste der Welt zu sein.
Ebenso logisch erscheint ihm seine Verhaftung auf dem Weg zur Arbeit und die Einquartierung im Sammellager in Budapest. Dort meldet er sich "freiwillig" als einer der Ersten zum Arbeitsdienst, da ihm dies als Vernünftigstes erscheint.
Es werden keinerlei Gräueltaten detailliert beschrieben, noch wird das KZ-Leben als Gräuel dargestellt, sondern das Leben dort als gegeben akzeptiert, woraus György halt das Beste macht. So berichtet er sogar von der Langeweile, die er dort verspürt.
Freunde werden "aussortiert" und verschwinden, in den Krematorium werden Menschen verbrannt, als das weiß und berichtet György, doch in einer naiven, kindlichen Art ohne irgendetwas jemals moralisch in Frage zu stellen, ohne Angst, ohne Erschrecken. So ist er nur gelinde verwundert, dass aus "seinen" Duschkopf tatsächlich Wasser und kein Gas kommt.
Aber gerade diese Neutralität geht unter die Haut, denn es schmerzt, erkennen zu müssen, dass dies tatsächlich für Menschen alltäglich war und sie sogar in solchen Umständen ihr "kleines Glück" finden können. Dieses Buch liegt dadurch zeitweise wie ein Stein im Magen.

Diese Buch ist für mich wirklich das Ergreifendste aller NS-Geschichten, gerade weil es so nüchtern ist, ohne erhobenen Zeigefinger, ohne einen Hauch von Selbstmitleid und ohne jeden Pathos. Und das von einem Autor, der in diesem Buch seine ganz persönlichen Erfahrungen im KZ verarbeitet.


Leider gibt es diesmal keinen BookCrossing-Link, da ich das kleine Taschenbuch aus dem rororo-Verlag aus der Stadtbücherei geliehen habe, aber ich werde mir es sicher noch kaufen und auch die anderen Romane des Autors , besonders "Kaddisch für ein nicht geborenes Kind" und "Fiasko" die zusammen mit diesem Band als "Triologie eines Schicksallosen" bezeichnet werden, lesen.

Zum Abschluss noch eines der meiner Meinung nach besten Zitate des Buches:
"Jetzt könnte ich ihr sagen, was es bedeutet "Jude" zu sein: nichts, für mich nichts und ursprünglich nichts, solange die Schritte nicht einsetzen. Nichts von alledem ist wahr, es gibt kein anderes Blut, es gibt nichts, bloß... , ich stockte, doch da ist mir plötzlich der Ausdruck des Journalisten eingefallen: es gibt bloß die gegebenen Umstände und in ihnen neue Gegebenheiten. Auch ich habe ein gegebenes Schicksal durchlebt. Es war nicht mein Schicksal, aber ich habe es durchlebt-....."

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